Die Schweiz in Europa: Wo liegt unsere Zukunft?

Linda - Team s+v
Linda - Team s+v
18 November 2022 Temps de lecture: 4 minutes
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Collage Basel
Der für die Deutschschweiz letzte Anlass der Veranstaltungsreihe hat sich der Sicht der jungen Schweizerinnen und Schweizer auf die Europa-Frage gewidmet. Entsprechend viele junge Gesichter haben beim gestrigen stark+vernetzt-Event in Basel aus den Zuschauerreihen auf die Bühne geblickt. Während die auftretenden JungpolitikerInnen die Dringlichkeit einer neuen Lösung mit der EU betont haben, haben einige Podiumsteilnehmende ihren Blick bereits auf andere Weltregionen gerichtet. Es wird schnell klar: Die Schweiz ist und bleibt ein international vernetztes Land, doch welche Partnerschaften soll sie in Zukunft eingehen?

Ein EWR-Fan im hohen Norden

Als Auftakt des Abends gab die norwegische Botschafterin, Kjersti Rødsmoen, Einblick in den norwegischen Diskurs zur EU. Zur Erinnerung: Norwegen ist kein EU-Mitglied, jedoch seit 30 Jahren Teil des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Ruhig erklärte die sympathische Diplomatin dem Publikum, dass die Beziehung zur EU in ihrem Land «hochgeschätzt» sei, sowohl vom Volk als auch im Parlament. Dennoch ist sich die jetzige Regierung in Oslo nicht gänzlich einig, wie eng das Verhältnis zur supranationalen Organisation in Zukunft gestaltet werden soll. Aufgrund der allgemeinen Zufriedenheit gebe es aktuell aber keinen Anlass zu einem öffentlichen Europadiskurs, konstatierte Rødsmoen.

«Die Europapolitik braucht uns»

Mit Lucio Sansano (Jungfreisinnige Baselland), Julia Schneider (Die Junge Mitte) und Seraina Campell (Verband der Schweizer Studierendenschaften, VSS) durfte stark+vernetzt gleich drei Stimmen der aufstrebenden Generation am Anlass willkommen heissen. Sansano und Schneider begrĂĽssten Publikum und Referierende mit einem kurzen Blick zurĂĽck: Vom Jahr 1992, in dem auf das Schweizerische Beitrittsgesuch zur damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) das Volks-Nein zur Teilnahme am EWR folgte, fĂĽhrten sie die Zuschauerinnen und Zuschauer bis in die komplizierte Gegenwart. Viel wichtiger sei nun aber der Blick nach vorne auf die kĂĽnftige Ausgestaltung der Beziehungen Schweiz-EU. «Wir wollen unsere Zukunft mitgestalten. Wir brauchen eine gute Europapolitik. Die Europapolitik braucht uns», so die dezidierte Botschaft aus einem Video, das die Jungparteien und Jugendorganisationen aus der stark+vernetzt-Allianz eigens fĂĽr diesen Anlass produziert haben. Campell schloss sich ihren Vorrednern auf der anschliessenden Podiumsdiskussion an. Viel zu oft gehe vergessen, dass auch die Studierenden stark benachteiligt werden durch den aktuellen Stillstand in der Europapolitik, nämlich in Bezug auf Erasmus+. Die Studierenden seien zum Spielball der Politik geworden, obwohl sie nichts dafĂĽr könnten, fĂĽgte sie hinzu. Alle drei wĂĽnschen sich geregelte Beziehungen zu unserem wichtigsten Handelspartner, Nachbar und der europäischen Wertegemeinschaft – und das möglichst bald.

Alternativen andenken

Nicht alle Podiumsteilnehmenden vertraten diesen Kurs. Rolf Weder, Professor für Aussenwirtschaft und Europäische Integration an der Uni Basel, äusserte sich zunächst kritisch zu den aktuellen politischen Machtspielen. Den Ausschluss der Schweiz aus dem weltweit grössten Forschungsrahmenprogramm, Horizon Europe, erachte er als sachfremdes Druckmittel. Im Verlauf des Gesprächs doppelte er nach und merkte an, dass die Schweiz sich «anderweitig organisieren» könnte, sollte das Spiel der EU zu weit gehen. Alt Nationalrat Rudolf Strahm (SP), schlug mit einigen Voten in eine ähnliche Kerbe: Auch er sieht eine mögliche Zukunft der Schweiz in bilateralen Beziehungen mit den USA oder aufsteigenden asiatischen Mächten, was vom Basler Publikum aber wenig goutiert wurde. Der frühere SP-Politiker blieb der Linie seiner Partei dann aber insofern treu, als dass er sich von den laufenden Sondierungsgesprächen mit Brüssel eine neue politische Agenda wünschte. Auch dem sektoriellen Ansatz des Bundesrats kann er einiges abgewinnen.

Doch ein Bekenntnis zu Europa

Mit Nathalie Stieger, Head of Government Affairs bei F. Hoffmann-La Roche Ltd., war auch ein international tätiger Basler Grosskonzern vertreten. Stieger betonte bereits in ihrem Eingangsstatement, wie wichtig politische Stabilität für wirtschaftliche Prosperität sei. Sie machte keinen Hehl daraus, dass der Schweizer Standort massgeblich von ausländischen Arbeitskräften getragen wird: Von den rund 14'000 Roche-Mitarbeitenden in Basel stammt etwa die Hälfte aus dem EU-Raum. Aus geopolitischer Sicht plädierte Stieger dafür, nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz, sondern diejenige des Kontinents im Blick zu behalten. Und in Zeiten einer verstärkten Blockbildung brauche die Schweizer Wirtschaft ganz einfach eine stabile Rechtsgrundlage mit Europa.

Auch wenn an diesem Abend der europapolitische Knoten noch nicht gelöst werden konnte, so wurde doch klar: Vor allem die jüngeren Teilnehmenden können der Hinhaltetaktik der offiziellen Schweiz je länger desto weniger abgewinnen und wünschen sich seitens Politik endlich einen mutigen Schritt in Richtung Zukunft.

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